Lymphödem Therapie und Coronakrise - Darf ich noch in die Therapie? KPE

Newsletter März 2020

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Newsletter in besonderen Zeiten - Nr. 1: Lymphdrainage / Osterguetsli

Liebe Mitglieder, liebe Gönner und Interessierte

Das Coronavirus hat unser Leben in den letzten Tagen kurzerhand auf den Kopf gestellt. In dieser aussergewöhnlichen Situation möchten wir unsere Mitglieder und Gönner wie auch weitere Lymphödem-Betroffene und Interessierte vermehrt mit Newsletter-Material versorgen. Damit wollen wir der „sozialen Isolation“ entgegenwirken, Unsicherheiten in Bezug auf das Lymphödem klären und mit Alltagsideen für Aufheiterung sorgen.

Wir werden transparent und verständlich informieren. Dazu beziehen wir uns auf Aussagen des BAG sowie Informationen von Berufsverbänden (Physioswiss, SFML, VDMS) oder Kontaktpersonen. Gerne möchten wir bis auf Weiteres zwei bis drei Newsletter pro Woche versenden. Fragen, Anregungen oder Alltagsgeschichten nehmen wir gerne per Mail entgegen.

1. Information zum Coronavirus

BAG Empfehlung Coronavirus

Bestimmt haben Sie es schon hundert Mal gehört oder gelesen. Dennoch möchten wir Ihnen hier nochmals vor Augen führen, wieso es nun äusserst wichtig ist, Zuhause zu bleiben. Bleiben Sie zuhause, ...

  • Damit Sie sich selbst nicht mit dem Coronavirus anstecken.
  • Damit Sie niemand anderen (v.a. Risikogruppen) mit dem Coronavirus anstecken.
  • Damit die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden kann.
  • Damit unsere Spitäler weiterhin genügend Kapazität und das Gesundheitspersonal genügend Kraft haben, kranke und verletzte Personen aufzunehmen und medizinisch korrekt zu behandeln.
  • Damit alle Menschen und auch wir Betroffenen mit Lymphödem im Notfall (z.B. plötzlich Erisypel/Hautinfektion und gefährliche Allgemeininfektion) im Spital ein Bett und gute medizinische Betreuung erhalten.

Liebe Mitglieder und Gönner und Interessierte, wir zählen auf Sie. Die Schweiz zählt auf uns. Von Herzen vielen Dank, dass Sie mithelfen.

2. Tipps zum Lymphödem und zur Therapie

Viele Betroffene mit Lymphödem können/dürfen/sollten derzeit nicht mehr zur Lymphdrainage gehen. Kann ich die Therapie einfach so aussetzen? Und was, wenn ich weiterhin gehen möchte, aber die Lymphtherapeutin mich nicht mehr behandelt? Darf sie das? Was gilt denn jetzt?
Gerne möchten wir nachfolgend auf diese Unsicherheiten eingehen.

Gemäss BAG zählen Physiotherapie- und Massagepraxen genau wie Spitäler und Arztpraxen zu den Gesundheitseinrichtungen. Deswegen sind sie ebenso an die gesetzlichen Anordnungen gebunden und müssen diese einhalten. Laut «Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus» ist es Physiotherpeutinnen und medizinischen Masseuren verboten, nicht dringende medizinische Therapien durchzuführen. Somit dürfen Physiotherapie- und Massagepraxen zwar weiterhin geöffnet bleiben, allerdings dürfen die Therapeuten nur noch medizinisch notwendige Therapien durchführen.

Was aber ist eine medizinisch notwendige Therapie? Dabei handelt es sich um eine Therapie, welche zwingend durchgeführt werden sollte, damit sich die Krankheit des Patienten nicht innert Kürze massiv verschlimmert. Eine medizinisch notwendige Therapie kann also nicht hinausgeschoben werden, weil dies eine relevante negative Auswirkung auf die Gesundheit des Patienten hätte. Beispiel: Therapie nach Schlaganfall. Je früher die Therapie desto erfolgreicher, denn der grösste Teil der Rückbildung von neurologischen Ausfällen geschieht in den ersten 3-6 Monaten. Erhält nun also eine Person mit Schlaganfall keine Physio- und Ergotherapie mehr, sinken die Chancen auf Heilung deutlich und eine Selbstständigkeit kann womöglich nicht wiedererlangt werden.

Nun stellt sich die Frage, ob Lymphdrainage respektive KPE (komplexe physikalische Entstauungstherapie) auch eine medizinisch notwendige Therapie ist?

Wir sagen JEIN - während dieser Corona-Ausnahmesituation.

Einerseits gibt es unter uns Betroffenen sicherlich viele, welche ihr Lymphödem schon einige Jahre haben, und es soweit «im Griff haben». Durch das tägliche Tragen der Kompression, gute Hautpflege und genügend Bewegung möchten wir Sie dazu motivieren, zugunsten der öffentlichen Gesundheit für wenige Wochen auf Lymphdrainage/KPE zu verzichten. Wenn das Ödemvolumen in dieser Zeit etwas zunimmt und sich das Gewebe leicht verändert/verhärtet, so ist dies nicht lebensbedrohlich und kann anschliessend mit einer etwas intensiveren Therapiephase wieder korrigiert werden. Zudem können wir versuchen, mit Selbst-Lymphdrainage und Selbst-Bandage dazu beizutragen, den Status unseres Lymphödems beizubehalten (Beispiel-Videos bei Asdonk oder LymphCare).

Falls Sie nun aber Ihre Therapie aussetzen und eine massive Verschlechterung oder sonstige Auffälligkeiten des Ödems (z.B. Hautrötung) bemerken, konsultieren Sie umgehend Ihren Arzt. Bitte führen Sie dazu eigene Messungen durch und machen Sie Dokumentationsfotos.

Andererseits gibt es Patientinnen und Patienten, welche unter einem sehr ausgeprägten Lymphödem Stadium III leiden. Dieses Stadium geht einher mit Komplikationen wie Hautinfektionen, Schweregefühl und Spannungszuständen, Bewegungseinschränkungen, Fehlbelastungen und Mukelschmerzen. In solchen Fällen kann Lymphdrainage respektive KPE dazu beitragen, diese Komplikationen zu verhindern oder massiv zu reduzieren. Damit dieser gesundheitsrelevante Effekt nicht ausbleibt, beurteilen wir eine (evtl. reduzierte) Fortführung der Therapie in solchen Fällen als sinnvoll.

Last but not least gibt es auch Betroffene, bei welchen sich das Lymphödem erst kürzlich manifestiert hat und noch keine Kompressionsstrümpfe vorhanden sind. Hier kann eine zeitnah begonnene Lymphdrainage kombiniert mit Bandagieren (also KPE) verhindern, dass sich das Lymphödem ausbreitet und gar verschlimmert. Damit ist es möglich, das Ödem im Stadium I oder im frühen Stadium II «aufzufangen», womit die langjährige Therapie deutlich vereinfacht werden kann (keine oder nur wenige Klinikaufenthalte, Kompressionsstrümpfe einer niedrigen Kompressionsklasse, weniger Einschränkungen im Alltag). Daher sehen wir auch hier eine (evtl. reduzierte) Fortführung der Therapie als zweckmässig an.

Die Lymphödem Vereinigung Schweiz möchte Ihren Gesundheitszustand nicht untergraben, aber wir möchten die Massnahmen des Bundes unterstützen. Wir können keine Fälle beurteilen, aber wir sind der Meinung, dass bei einem Lymphödem die Vor- und Nachteile einer Therapielücke individuell abgewogen werden sollten. Im Zweifelsfall, wenn Sie unsicher sind oder es gar zu Uneinigkeiten mit Ihrer Therapeutin / Ihrem Therapeuten kommt, fragen Sie bei Ihrem behandelnden Arzt nach.

Wir hoffen natürlich, dass sich diese Ausnahmesituation so schnell wie möglich wieder entschärft, damit wir alle unsere Therapietermine wieder wahrnehmen und eine Verschlechterung des Lymphödems vorbeugen können. Bis dahin bitten wir Sie um noch ein paar Wochen Geduld.

3. Ideen für den Alltag

Wir brauchen nicht nur Geduld und Selbstdisziplin in diesen Wochen...
Die «viele Zeit» schenkt uns wieder einmal Möglichkeiten, etwas Neues auszuprobieren oder uns einer Tätigkeit zu widmen, mit der wir uns schon lange mal wieder beschäftigen wollten. Gönnen Sie sich etwas, das Ihnen Spass macht und worauf Sie Lust haben.

Unsere Idee für Sie:
Backen Sie Osterhasen-Guetzli.
Für sich, Ihre Lieben, Familie und Freunde, welche sich statt über einen Besuch bestimmt auch über ein «Fress-Päckli» per Post freuen


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